Die Raisdorfer „Sterbekasse″ feiert quicklebendig ihren 150. Geburtstag

Quelle: Kieler Nachrichten vom 2.6.2012

In der wechselvollen Geschichte hat die Gilde ihre Eigenständigkeit weitgehend bewahrt

Schwentinental. Sie gilt als die älteste Bürgervereinigung der Stadt: die Raisdorfer Gilde – Sterbekasse auf Gegenseitigkeit von 1862. Gründungsmitglieder sind deshalb aus naheliegenden Gründen nicht dabei, wenn am morgigen Sonntag die Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag mit einem Festkommers im Rathaus beginnen.

Der Zweck der Gilde ist immer noch derselbe: die Angehörigen bei einem Todesfall zu unterstützen. So ganz sicher ist das Datum zwar nicht, denn viele alte Unterlagen gingen im Zweiten Weltkrieg verloren. Allerdings wurde die Zahl 1862 bei einer Befragung der Raisdorfer nach Kriegsende häufiger genannt.

Prominente Mitglieder sind mit Straßennamen verewigt: Wilhelm Heuck war nicht nur Bürgermeister, sondern auch Gildevorsitzender, Hans Gloede nicht nur Lehrer, sondern auch Gildeschreiber. Und schon vor diesem Datum gab es eine Gilde, von der man noch weiß, dass sie den Namen „To Beleben″, („Nach Belieben″) führte. Zu dieser Zeit ging ein Ansager nach einem Todesfall durchs Dorf und sammelte für die Angehörigen.

Mit der Sterbekasse erhielt die Unterstützung eine feste Form. Und während andere Gilden von großen Versicherungsgesellschaften aufgenommen wurden oder nur noch der Geselligkeit dienen, zahlt die Raisdorfer Gilde bei einem Monatsbeitrag von einem Euro beim Tod eines Mitglieds 550 Euro an die Familienmitglieder aus.

Eins von vielen erwähnenswerten Ereignissen im Laufe der 150 Jahre: Fahnenweihe der „Raisdörper Gill“ im Jahre 1966. Foto privat

Die Gilde untersteht staatlicher Aufsicht und muss alle fünf Jahre ein mathematisches Gutachten vorlegen. „Vom Gildevermögen her sind wir gut aufgestellt″, weiß der Vorsitzende Otto Lipfert – allerdings ist, wie bei allen anderen Totengilden, die Zahl der Mitglieder in den vergangenen 50 Jahren um die Hälfte geschrumpft, heute sind es nur noch 306.

Höhepunkte der Geschichte: Zum 100-jährigen Bestehen überreichte Landrat Alfons Galette die Gildekette, gestiftet vom damaligen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Kai-Uwe von Hassel. 1968 wurde die Trachtengruppe gegründet. Und zum 125. Geburtstag übergab der damalige Raisdorfer Bürgermeister Helmut Ohl der Gilde als Geschenk die renovierte Fahne.

Das weitere Festprogramm zum 150. Geburtstag: Für Mittwoch, 6. Juni, lädt der Schleswig-Holsteinische Heimatbund zum Gilde-Geburtstag ins Hotel Rosenheim zu einem Abend mit Filmen und Bildern ein. Beginn ist um 19.30 Uhr. Und am Sonnabend, 9. Juni, wird ab 15 Uhr das Gildefest im Heim der Raisdorfer Schützen gefeiert, mit Kaffee, Kuchen, Königsschießen und Damenwettbewerb.

sel